Veranstaltung: | XXIX. Bundeskongress |
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Tagesordnungspunkt: | 12.2 Leitantrag des Bundesvorstands |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Bundeskongress |
Beschlossen am: | 06.04.2024 |
Basierend auf: | LA: Freier Handel für freie Menschen |
Freier Handel für freie Menschen
Beschlusstext
Der Freihandel hat in Europa lange Tradition. Das erste Freihandelsabkommen
wurde im Jahr 1703 zwischen England und Portugal geschlossen. Heute herrscht bei
kaum einem anderen Thema unter Ökonom:innen ein so breiter Konsens wie beim
Thema Freihandel. In einer Umfrage stimmten 87,5 % der amerikanischen
Wirtschaftswissenschaftler:innen für eine Beseitigung von Handelshemmnissen und
Zöllen[1]. Denn Fakt ist: Freihandelsabkommen schaffen Wohlstand, Beschäftigung
und erhöhen den Lebensstandard der jeweiligen Staaten. Zusätzlich ist die
internationale Vernetzung von Volkswirtschaften einer der wichtigsten Garanten
für Frieden und Wirtschaftswachstum rund um den Globus. Daher sind wir JUNOS -
Junge liberale NEOS glühende Verfechter:innen des Freihandels. Doch die EU
bleibt in den letzten Jahren immer weiter hinter ihren Zielen zurück. Während
andere Staaten immer neue Freihandelsabkommen abschließen, wie etwa NAFTA (USA,
CAN & MEX) oder ASEAN China FTA, haben noch immer nicht alle EU-Staaten das
Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) ratifiziert. Auch ein Freihandelsabkommen
mit den MERCOSUR-Staaten wird seit 1995 verhandelt.[2] Anfang 2020 scheiterte es
am Widerstand Österreichs, das sich damals als einziger Staat dagegen
aussprach.[3] Diese kurzsichtige und protektionistische Wirtschaftspolitik führt
zu Wohlstandsverlusten, zu höheren Preisen für Konsument:innen und bremst das
Wirtschaftswachstum.
Daher fordern wir JUNOS die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat bei
der Ratifikation von Freihandelskommen der Europäischen Union. Stattdessen soll
eine verstärkte qualifizierte Mehrheit gem Art 238 (2) AEUV, also 72 % der
Mitglieder des Rates (20/27) die min. 65 % der Bevölkerung ausmachen, für eine
Ratifikation ausreichen. So kann verhindert werden, dass einzelne Staaten die
Unterzeichnung aus populistischen oder wahltaktischen Gründen verhindern können.
Sollte unsere Forderung nach einer EU-Regierung umgesetzt werden, so soll diese
die Kompetenz zum Aushandeln von Freihandelsabkommen haben.
Zudem sollen die Verhandlungen vor Freihandelsabkommen transparenter werden, um
so eine größere Akzeptanz der Bürger:innen der EU zu genießen. Ein solcher
Prozess ist auch essenziell, um die Wichtigkeit solcher Abkommen sichtbar zu
machen. Wie das konkret aussehen soll, ist im Beschluss Demokratisierung der
europäischen Außenhandelspolitik[4] beschrieben.
Zu einer Freihandelspolitik, die den Wohlstand fördert, gehört auch der Abbau
tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse, insbesondere im Agrarsektor.
Diese Barrieren behindern den (freien) Handel mit Drittstaaten und führen zu
künstlich hochgehaltenen Lebensmittelpreisen zu Gunsten der mächtigen EU-
Landwirtschaftslobby.[5] Durch eine gezielte Senkung können wir die
Wettbewerbsfähigkeit unserer Agrarproduzent:innen steigern und gleichzeitig
Verbraucher:innen einen besseren Zugang zu einer vielfältigen Auswahl an
qualitativ hochwertigen Produkten ermöglichen.
Auch die WTO spricht sich gegen Handelshemmnisse aus und setzt sich seit ihrer
Gründung 1994 für den Abbau dieser protektionistischen Maßnahmen ein. Diese
Vorschriften sind durch die Mitglieder der WTO (somit auch der EU bzw ihrer MS)
zu achten.[6] Wir lehnen die laufende Unterminierung der WTO durch China und
leider auch die USA ab. Die WTO ist einer der wichtigsten Stützpfeiler für
globalen freien Handel und damit Wohlstand und Armutsbekämpfung auf der Welt.
Die Europäische Union sollte sich dafür einsetzen, die innere Organisation der
WTO zu reformieren, sodass Blockaden von Entscheidungsgremien, wie die
derzeitige, nicht mehr möglich sind, und soll im Rahmen ihrer diplomatischen
Arbeit Druck auf die USA ausüben, dass ihr Mandat im Appellate Body möglichst
rasch nachbesetzt wird.
Kamerun darf Orangensaft und Schokolade zollfrei exportieren, solange der
(finanzielle) Wert des Zuckers dieser Produkte nicht mehr als 30% beträgt. Damit
hat Kamerun einen Vorteil gegenüber ärmeren Nachbarn wie dem Tschad oder
Nigeria. Hier berechnet die EU nicht den Wert des Zuckers im Saft oder der
Schokolade, sondern das Gewicht.[7]
Durch die Abschaffung eben dieser Barrieren schaffen wir nicht nur Wohlstand für
die Menschen in Europa, sondern auch für Menschen in ärmeren Ländern. Es ist
nicht zielführend, dass übermäßig subventionierte Lebensmittel aus der EU in
manchen Regionen der Erde günstiger sind als jene aus dem eigenen Land und
nachhaltig ist das erst recht nicht.
Um funktionierende Freihandelsabkommen zu fördern und Produktpiraterie zu
verhindern setzen wir uns für den Schutz des geistigen Eigentums weltweit ein.
Eine große Hürde für europäische Unternehmen ist die zunehmende
Produktpiraterie, die der europäischen Wirtschaft und der Innovation erheblich
schadet. Ein effektiver Schutz des geistigen Eigentums ist nicht nur für die
Innovationskraft der Europäischen Union von entscheidender Bedeutung, sondern
auch für die Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene.
Das soll durch einen Handelsgerichtshof, ähnlich dem Internationalen
Strafgerichtshof, überwacht und auch durchgesetzt werden.
Oftmals werden Unternehmer:innen durch unsachliche Maßnahmen im nicht-
europäischen Ausland benachteiligt, dies beinhaltet Eigentumsbeschränkungen,
zusätzliche Abgaben oder Ausübungs- bzw. Zugangsbeschränkungen. Im Rahmen jedes
Freihandelsabkommens soll auch ein Passus enthalten sein, der die getätigten
Investitionen vor staatlichen Interventionen schützt. Nur so kann der Handel
unter transparenten und fairen Bedingungen für alle Teilnehmer:innen des Marktes
gewährleistet werden.
In den letzten Jahren wurde die weltweite Handelspolitik von einer
fehlgeleiteten Neuauflage des Merkantilismus geprägt. Wohlmeinende
vorausschauende Staatsbeamte verteilen freihändig Subventionen und andere
Begünstigungen an heimische Unternehmen, die man als sogenannte “national
champions” aufbauen möchte. Diese sollen dann weltweit mit den “champions”
anderer Staaten konkurrieren. Das ist eine kapitale Fehlentwicklung und Abkehr
von der Grundidee des Freihandels und des Vertrauens in den Mehrwert von freiem
Wettbewerb. Weder wissen Staaten, welche Branchen oder Unternehmen in Zukunft
erfolgreich sein werden, noch haben Staatsbedienstete bzw. Politiker den nötigen
Weitblick und “skin in the game” hierfür. Wir JUNOS – Junge liberale NEOS
stellen uns deswegen entschieden gegen diese Tendenz und setzen uns sowohl in
Österreich als auch der Europäischen Union und innerhalb der WTO für ein
strenges und restriktives Subventionsregime sowie eine Rückkehr zu den
Grundsätzen der freien Marktwirtschaft ein.
Eine wichtige Ergänzung jedes Handelsabkommens ist ein Passus betreffend eine
Bepreisung von CO2, entweder in Form von Emissionshandel oder durch eine
Besteuerung jeder ausgestoßene Tonne CO2. Für Länder, die keines dieser beiden
Systeme implementieren, fordern wir CO2-Zölle, die Ausgleichszahlungen für das
ausgestoßene CO2 eines jeden importierten Produkts darstellen. Dies dient dazu,
das Klima zu schützen und einen Anreiz für nachhaltige Produktionsmethoden zu
setzen. Auch ein durch die CO2-Bepreisung entstehender Nachteil für EU-
Unternehmen soll dadurch ausgeglichen werden.[8]
Als Europäische Union müssen wir die Entscheidung der britischen Bevölkerung,
die Europäische Union zu verlassen, leider zur Kenntnis nehmen. Es ist
allerdings im Interesse sowohl Europas als auch des Vereinigten Königreichs,
dass Handelsbeziehungen möglichst reibungsfrei gestaltet werden. Wir fordern
sowohl die Europäische Union als auch das Vereinigte Königreich dazu auf, im
Rahmen des Windsor Frameworks den Freihandel zu priorisieren und alle möglichen
Barrieren abzubauen.
Um den Wohlstand in der Europäischen Union auszubauen, fordern wird das
Commitment für den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen. Neben einem neuen
Anlauf für TTIP mit den Vereinigten Staaten, sollen auch mit den Großmächten
Volksrepublik China und Indien durch Freihandelsabkommen gemeinsame Regeln
sichergestellt werden, wobei konsequent der Grundsatz der Reziprozität gewahrt
werden muss.. Weiters sehen wir unter anderem große Chancen im Abschluss des EU-
Mercosur-Abkommens, sowie Verhandlungen mit den ASEAN-Staaten, Staaten auf dem
afrikanischen Kontinent und der Afrikanischen Union. Dadurch können
wohlstandsmindernde Handelshemmnisse abgebaut und der Wohlstand in Europa und in
anderen Kontinenten dieser Welt erweitert werden.
[1] Robert Whaples: Do Economists Agree on Anything? Yes! In: The Economists'
Voice. Band 3, Nr. 9, 17. Januar 2006, ISSN1553-3832, doi:10.2202/1553-3832.1156
(degruyter.com [abgerufen am 11. Februar 2024]).
[2] Hartmut Sangmeister: Zwischen Zustimmung und Ablehnung: Das Handelsabkommen
EU–Mercosur. Eine Zwischenbilanz. Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin 2020, S.
3.
[3]Kurz verlangt von EU-Kommission Neuverhandlung. In: faz.net. 12. Januar 2020,
abgerufen am 8. März 2024
[4]https://junos.at/beschlusslagen/demokratisierung-der-europaeischen-
aussenhandelspolitik/ , abgerufen am 11.02.2024
[5]https://lobbypedia.de/wiki/COPA-
COGECA#:~:text=COPA%2DCOGECA%20ist%20die%20einflussreichste,in%20der%20Europ%C3%-
A4ischen%20Union%20bezeichnet. , abgerufen am 08.03.2024
[6]https://web.archive.org/web/20120725021331/http://portal.wko.at/wk/dok_detail-
_file.wk?AngID=1&DocID=614118&StID=294837 , abgerufen am 09.03.2024
[7]https://www.brot-fuer-die-welt.de/blog/2018-keine-eu-zoelle-fuer-afrikas-
exporte-ein-schwindel/ , abgerufen am 12.02.2024
[8]https://www.freiheit.org/de/klimawandel-klimazoll-ohne-protektionismus-eine-
machbarkeitsanalyse Zugriff am 15.03.2024