Veranstaltung: | VIII. Mitgliederversammlung JUNOS Schüler:innen |
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Tagesordnungspunkt: | 14.3 weitere Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 12.05.2024 |
Basierend auf: | A2: Sport ist Mord – oder Sport macht mündig? |
Sport ist Mord – oder Sport macht mündig?
Beschlusstext
Der Sportunterricht wird heute allzu oft als lästige Pflicht wahrgenommen. Kaum
jemand nimmt ihn wirklich ernst und viel zu oft verkommt die Bildungskomponente
hinter ihm.
Wir wollen den Sportunterricht aufwerten und ihm einen neuen Sinn einhauchen: Er
soll ein echter Motor der Chancengerechtigkeit werden. Die Schüler:innen sollten
in der Schule sportliche Mündigkeit erwerben: Ein Gefühl für ihren Körper und
ein Verständnis davon, welche Form der Bewegung zu einem selbst passt.
Für uns als Liberale ist aber auch klar, dass eine Pflicht immer gut begründet
sein muss. Genau gleich verhält es sich mit einem Pflichtfach. Nur ein wirklich
gut durchdachter und umgesetzter Sportunterricht hat als Pflichtfach eine
Daseinsberechtigung. In unserer Vision soll ein solcher Sportunterricht in der
Unterstufe die Basis für noch mehr Freiheit in der Oberstufe legen. Wir wollen
das Pflichtfach Sportunterricht in der Oberstufe abschaffen und es durch eine
Vielfalt an schulautonomen Frei- und Wahlpflichtfächer ersetzen.
Chancengerechtigkeit durch echten Sportunterricht in der Unterstufe
Das Ziel des Sportunterrichts in der Unterstufe sollte sein, dass jede:r
Schüler:in eine Form von `sportlicher Mündigkeit´ erreicht. Was verstehen wir
darunter? Jede und jeder sollte eine breite Menge an Sportarten grundsätzlich
kennenlernen und dabei herausfinden, welche Art von Bewegung am besten zu ihm
oder ihr passt. Für uns ist das auch eine zentrale Frage der
Chancengerechtigkeit: Niemand sollte die Schule verlassen ohne ein
Grundverständnis für Bewegung und sportliche Betätigung zu erlangen. Nur durch
diese Basis kann echte Eigenverantwortlichkeit in der Oberstufe ermöglicht
werden.
Es geht uns ebenfalls darum, dass alle Schüler:innen eine große Bandbreite an
grundlegenden sportlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben. Das beginnt bei
einem Grundverständnis von den Regeln einzelner Sportarten, geht aber darüber
hinaus: Es geht auch darum, Motorik und das Bewusstsein für den eigenen Körper
bei den Schüler:innen zu trainieren. Das wird nicht erreicht, wenn immer nur die
selben Sportarten (wie beispielsweise Völkerball – ein Klassiker) ausgeübt
werden.
Um diese Vision zu erreichen, braucht es eine tiefgreifende Veränderung des
Sportunterrichts in der Unterstufe. Oft wird hier derzeit die Sportart
durchgenommen, die von der Mehrheit einer Klasse ausgesucht wurde. Diese Praxis
ist zwar demokratisch, aber nicht sonderlich sinnvoll, da dadurch meistens nur
wenige Sportarten durchgenommen werden. Es soll aber, gerade in der Unterstufe,
die Möglichkeit geben, so viele Sportarten wie möglich kennenzulernen.
Eigentlich liegt die Lösung der oben aufgezählten Probleme auf der Hand. Wir
schlagen hier ein System mit verschiedenen sogenannten Themenpools (z. B.
“Ballspiele”, “Leichtathletik” oder „Geräteturnen“) vor. Aus diesen Themenpools
muss dann die Lehrkraft in regelmäßigen Abständen eine neue Sportart wählen und
diese auch mit den Schüler und Schülerinnen durchnehmen. Diese
Themenschwerpunkte sollen dafür sorgen, dass Sportarten wirklich vertieft
behandelt werden, ohne aber dabei den Lehrkräften zu verweigern, einzelne
Stunden für anderweitige Themen zu verwenden. So kann viel verschiedenes
probiert werden und Schüler:innen, die vorher wenig mit Freizeitsport zu tun
hatten, können eine Sportart finden, die ihnen Spaß macht.
→ Wir fordern, dass pro Jahr in der Volksschule und der Unterstufe eine gewisse
Mindestanzahl an Sportarten aus verschiedenen Themenpools im Sportunterricht
durchgenommen wird.
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung soll alle fünf
Jahre ein Gremium aus Experten und Expertinnen sowie ausgewählte Sportlehrkräfte
zusammenrufen, um gemeinsam diese Pools zu erstellen. Dadurch wird dafür
gesorgt, dass der Lehrplan immer auf Höhe der Zeit bleibt.
→ Wir fordern, dass alle fünf Jahre dieser Lehrplan durch ein qualifiziertes
Gremium, bei dem auch Lehrkräfte mitwirken, überarbeitet wird.
Sportnoten gleichen derzeit fast einer Verhaltensnote, mit ausreichend
Anwesenheit und ein bisschen Bemühung ist oft schon ein „Sehr gut“ erreicht. Das
spiegelt aber nicht unser Bild von Leistungsbeurteilung wider. Zu den Noten soll
ein Feedbackbogen mitgegeben werden, dieser soll einheitlich vom
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung für alle Schulen
Österreichs bereitgestellt werden und muss nur von der Lehrperson ausgefüllt
werden. So kann leicht eingesehen werden, wie die Note zustande kommt, in
welchen Teilbereichen der durchgenommenen Themenpools gute Leistungen erbracht
wurden und wo man noch Verbesserungspotential hat. Während des Unterrichts muss
die Lehrperson laufend Leistungen und/oder Fortschritte dokumentieren, um die
Werte für den Feedbackbogen und die Note heranziehen zu können.
- Wir fordern klare und leistungsbezogene Beurteilungskriterien für den
Sportunterricht in der Unterstufe. Dadurch wird die Benotung fairer und
dem Unterricht der Stellenwert gegeben, den er verdient.
- Wir fordern, dass den Sportnoten ein Feedbackbogen beigelegt wird, damit
die Schüler:innen ihren Leistungsstand besser nachvollziehen können und
eine aussagekräftige und individuelle Rückmeldung erhalten.
Wir fordern die Abkehr von der pauschalen Geschlechtertrennung beim
Sportunterricht, wie sie in allzu vielen Schulen praktiziert wird. Ersetzt
werden soll er durch einen koedukativen Ansatz, bei dem manche Aktivitäten
zusammen und manche mit Geschlechtertrennung geschehen sollen – so wie es gerade
sinnvoll oder möglich ist. Dadurch bekommen wir das besten von beiden Welten:
Einen Sportunterricht, der niemanden diskriminiert, aber bestmöglich an die
Teilnehmer:innen angepasst ist.
Um sexuelle Belästigung oder Mobbing in diesem Kontext zu verhindern, sollten
Lehrkräfte gezielt in Schulungen sensibilisiert werden. Eine geschützte und wenn
gewünscht anonyme Meldemöglichkeit sollten an den Schulen implementiert werden.
→ Wir fordern einen koedukativen Ansatz im Sportunterricht. Des Weiteren sollten
Lehrkräfte auch dahingehend geschult werden.
Differenzierung
Unter dem derzeit geschlechtergettrennten Unterricht werden oft Schüler:innen
verschiedener Leistungsniveaus in die gleichen Gruppen eingeteilt. Dadurch sind
begabte Schüler:innen oft unterfordert und Schüler:innen mit Aufholbedarf sind
überfordert und verlieren den Spaß am Sport. Ganz im Sinne der inneren
Differenzierung sollte daher bei der Trennung im Unterricht anstatt auf
Geschlecht auf de erbrachte Leistung gesetzt werden.
- Wir fordern daher, dass anstatt auf Geschlechtertrennung wenn sinnvoll und
bei Bedarf auf Trennung nach erreichten Leistungen gesetzt werden soll.
Dadurch können besonders talentierte Schüler:innen zusätzlich gefordert
und Schüler:innen mit Defiziten gefördert werden.
Bewegung fördert die Konzentration, dementsprechend ist das lange Sitzen in der
Schule eher hinderlich für die Lerneffekte der Schülerinnen und Schüler. Daher
soll es tägliche Bewegungseinheiten in der Schule geben. Diese werden während
der längeren Pausen von Lehrkräften abgehalten, das Programm soll variieren, um
den Schüler:innen möglichst viel Abwechslung zu bieten. Das Angebot ist
freiwillig und muss deshalb möglichst attraktiv gestaltet werden.
- Wir fordern eine freiwillige tägliche Bewegungseinheit für Unterstufe und
Volksschule, diese wird während bereits bestehender längerer Pausen oder
vor der ersten Unterrichtseinheit (min. 15 Minuten) von Lehrkräften
durchgeführt.
Vision: Ein Schulautonomer Plan “Sport und Bewegung in der Oberstufe”
Dreh und Angelpunkt unseres Konzeptes für die Oberstufe ist ein schulautonom
erstelltes Konzept für “Sport und Bewegung in der Oberstufe”. Mit diesem sollen
die Schulen in regelmäßigen Abständen den Rahmen für Sportangebote und sonstige
Formen der Bewegungsförderung für die Schüler:innen definieren. Übergeordnetes
Ziel ist es, den Schüler:innen die Möglichkeiten für den Ausgleich zu bieten,
den sie brauchen.
Wir sind davon überzeugt, dass die Schulen in der Oberstufe möglichst breite
Selbstbestimmung genießen sollten, denn sie wissen am besten, wie
Sportunterricht und Sportangebot bei ihnen funktionieren kann. Deshalb stehen
wir für die Abschaffung des sehr stramm definierten Faches "Bewegung und Sport",
und für Wahlpflichtfächer, die versichern, dass Schüler:innen in der Oberstufe
weiterhin zumindest in der Schule etwas Sport betreiben. Dadurch bekommen
Schüler:innen deutlich mehr Freiheit in der Wahl ihres Unterrichts in der
Oberstufe, während die wichtige Komponente Sport nicht außenvor gelassen wird.
Die in der Unterstufe erworbene sportliche Mündigkeit unterstützt sie dabei. An
Schulen mit Sportschwerpunkten kann die Schule autonom zusätzlich ein Sportfach
verpflichtend beibehalten/einführen.
Damit ein solcher Plan unseren Anforderungen entspricht, ist es von großer
Bedeutung, dass in seine Erstellung alle Schulpartner eingebunden werden. Daraus
schließt sich für uns, dass dieser Plan vom Schulgemeinschaftsausschuss (SGA)
beschlossen werden muss. Das ist das zentrale Gremium der schulinternen
Demokratie. Um Flexibilität zu ermöglichen fordern wir, dass dieser Plan
jährlich neu für das nächste Jahr beschlossen werden muss.
→ Ein schulautonomer Plan “Sport und Bewegung in der Oberstufe” soll in
jährlichen Abständen vom Sportlehrer:innenteam erstellt und durch den SGA
beschlossen werden müssen.
Die Sportlehrkräfte einer Schule sollen zusammen, in einer
Sportlehrer:innenkonferenz, einen Entwurf für diesen Plan definieren, über den
dann der SGA zu diskutieren und schließlich abzustimmen hat. Den Schulen soll
ebenfalls empfohlen werden hier die für den Sportunterricht besonders wichtigen
Stakeholder einzubeziehen: Sowohl die Sportlehrkräfte als auch die
Schüler:innenschaft, ob direkt oder indirekt über die Klassensprecher:innen,
sollten konsultiert werden. Das Ziel ist, dass diesem Plan ein echter
partizipativer Prozess vorausschreitet. Sollte der Beschluss dieses Plans über
einen gewissen Stichtag hinausgezögert werden, läuft der Plan des letzten Jahres
einfach bis zum Beschluss eines neuen Planes weiter.
Dieser schulautonome Plan soll unter anderem definieren, welche sportrelevanten
Freifächer angeboten werden sollten. Jedes Semester muss zumindest ein
Sportfreifach angeboten werden. Das übergeordnete Ziel ist, dass die
Schüler:innen im Laufe der Oberstufe eine möglichst große Auswahl an Freifächern
zur Verfügung haben, in denen sie den Sport praktizieren können, den sie
praktizieren wollen.
Eine solche Vielfalt an schulautonomen Sportfreifächern schafft auch mehr
Konkurrenz. Dadurch, dass der schulautonome Plan “Sport und Bewegung in der
Oberstufe” zwar Freifächer erschaffen kann, aber niemand zu ihnen verpflichtet
werden darf, muss man sich hier um die Schüler:innen bemühen. So steigert man
langfristig die Qualität der Freifächer.
Solche schulautonomen Freifächer bieten auch den Rahmen für verschiedenste
Experimente: So können Nischensportarten angeboten werden und man kann flexibler
auf die Interessen der Schüler:innenschaft eingehen. Ebenso kann man zum
Beispiel mit jahrgangsübergreifenden Modellen experimentieren.
→ Wir fordern also, dass im Rahmen des Schulautonomen Plans “Sport und
Bewegung in der Oberstufe” sportliche Freifächer geschaffen werden können
und sollen.
Im Rahmen des schulautonomen Plans “Sport und Bewegung in der Oberstufe” könnte
Sportunterricht auch als Wahlpflichtfach angeboten werden. Hierbei kann es sich
sowohl um einen umfassenderen Sportunterricht, der mehrere unterschiedliche
Sportarten/Richtungen behandelt, als auch um spezifische Sportfächer (wie
beispielsweise Schwimmen oder Volleyball) handeln. Was und ob Sport als
Wahlpflichtfach angeboten wird, soll im Rahmen des genannten Plans schulautonom
geregelt werden können, um die individuellen Möglichkeiten der Schule bzw. der
Umgebung und die Interessen der Schüler:innen zu berücksichtigen.
Wenn Sport als Wahlpflichtfach angeboten wird, sollte es auch möglich sein, in
diesem Fach “mündlich” zu maturieren. Die genauen Benotungsmodalitäten
sind zwar schulautonom zu regeln, müssen sich jedoch an messbaren und
transparenten Kriterien orientieren. Hierbei kann zum Beispiel auf die von uns
gewünschten Benotungskritierien in der Unterstufe zurückgegriffen werden.
→ Der schulautonome Plan “Sport und Bewegung in der Oberstufe” kann auch
die Etablierung eines maturablen Wahlpflichtfaches beinhalten.
Schulen sollten sich im Rahmen des Plans “Sport und Bewegung in der Oberstufe”
auch Gedanken machen, wie sie abseits von normalen Turnstunden Bewegung fördern
können. Hierunter könnte zum Beispiel eine Öffnung der Sportplätze in Pausen,
Kooperationen mit Sportvereinen oder freiwillige Bewegungseinheiten zwischen
Unterrichtseinheiten fallen. Letztere sollen besonders durch die Lehrkräfte
gefördert werden, indem ein Programm angeboten wird, welches in den Pausen
besucht werden kann. Dadurch, dass es nicht besucht werden muss, muss sich um
die Schüler:innen bemüht werden, was wiederum die Qualität sichert.
Eine weitere Möglichkeit wären Sportturniere, bei denen sich unterschiedliche
Schulen in einer Sportart messen können, aber auch welche die schulintern
abgehalten werden. Ziel von solchen Maßnahmen sollte es sein, mit einer
niedrigen Hemmschwelle die Schüler:innen zu Bewegung zu motivieren und einen
Ausgleich zu anderem Unterricht zu bieten.
→ Der schulautonome Plan “Sport und Bewegung in der Oberstufe” sollte ebenfalls
Maßnahmen enthalten, durch die die Schüler:innen zu mehr Bewegung in der
Freizeit angeregt werden.
- Sportvereine sollen aktiv durch freiwillige Schulkooperationen gefördert
werden. Dadurch soll Schüler:innen das lokale Sportangebot näher gebracht
werden, als auch die Qualität des Schulsports angehoben werden.
Damit der schulautonome Plan “Sport und Bewegung in der Oberstufe” qualitativ
hochwertig werden kann, ist es essentiell, dass die in seine Erstellung
involvierten Stakeholder:innen vorab geschult werden. Das beinhaltet sowohl die
Direktionen, als auch Sportlehrkräfte und die Mitglieder des SGA. Auf solchen
Schulungen kann auch der Austausch zwischen verschiedenen Schulen forciert
werden.
→ Personen, welche an der Erstellung und Verabschiedung des schulautonomen
Plans “Sport und Bewegung in der Oberstufe” beteiligt sind, sollten
Weiterbildungen in Sachen Modelle und funktionierende Konzepte für Sport und
Bewegung in der Oberstufe in Anspruch nehmen können.
Um den Wissenstransfer zu ermöglichen, sollten alle erstellten Pläne von allen
Oberstufen in Österreich in eine öffentlich einsichtige Datenbank hochgeladen
werden. Durch diese Form der Transparenz wird auch der Druck auf die Schulen
erhöht, weil damit auch der Vergleich und damit die Konkurrenz zwischen den
Schulen verstärkt wird.
→ Alle schulautonomen Pläne “Sport und Bewegung in der Oberstufe” sollten
öffentlich einsehbar sein.