Veranstaltung: | XXXII. Bundeskongress |
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Tagesordnungspunkt: | 14.3 Allgemeine Anträge |
Antragsteller*in: | Sarah Sinkovits, Sophie Wotschke, Lisa Ficzko, Julian Fritsch, Valentin Wiesinger, Erik Baldassari, Lorenzo Friedli, Arman Shariat, Alen Selimovic, Susanna Riedlsperger, Stephen Slager |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 09.10.2025, 00:00 |
A6: Klimaneutralität braucht Kernenergie
Antragstext
Wir JUNOS bekennen uns zu einer liberalen, faktenbasierten und
zukunftsorientierten Energiepolitik. Die Klimakrise ist eine der größten
Herausforderungen unserer Zeit und erfordert mutige, wissenschaftlich fundierte
und technologisch offene Antworten. Hinzu kommt ein Umbruch der Weltordnung,
durch die Europas Energieautonomie zunehmend an Bedeutung gewinnt. Wer es mit
der Klimaneutralität sowie Energieautonomie ernst meint, darf keine Energieform
aus rein ideologischen Gründen verbieten.
Die Entscheidung der Volksabstimmung zum AKW Zwentendorf, bei der sich 50,50%
der Abstimmenden[1] gegen die Inbetriebnahme aussprachen, fußte auf einem
politischen Machtkampf zwischen SPÖ und ÖVP und entspricht nicht den heutigen
Realitäten: Unser Land ist eng mit einem europäischen Strommarkt verflochten, in
dem Kernenergie längst eine tragende Rolle spielt. Wir beziehen bereits heute
indirekt Atomstrom aus Nachbarstaaten, ohne selbst über Sicherheitsstandards
oder strategische Fragen mitbestimmen zu können.
Wir JUNOS wollen diese Schieflage beenden. Wir wollen eine ehrliche,
faktenbasierte Debatte führen und Österreich in die Lage versetzen, aktiv an der
Gestaltung einer sicheren, autonomen und klimafreundlichen Energiezukunft
mitzuwirken. Wir sehen Atomenergie nicht als Allheilmittel, aber als eine
wesentliche Ergänzung zu Wind-, Solar- und Wasserkraft, die wir nicht aus
ideologischer Trägheit ignorieren dürfen.
Wir JUNOS erkennen an, dass der europäische Strombedarf in den kommenden
Jahrzehnten massiv steigen wird. Die Elektrifizierung von Mobilität, Wärme und
Industrie führt dazu, dass der Bedarf an gesichertem, CO₂-armem Strom deutlich
zunimmt. Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne sind unverzichtbar, stoßen aber
an physikalische Grenzen: Sie liefern nicht jederzeit, was gebraucht wird.
Speicher sind wichtig, aber teuer und nur begrenzt verfügbar.
Atomenergie liefert konstanten, CO₂-armen Strom und kann so die wetterbedingten
Schwankungen von Wind und Sonne ausgleichen. Das ermöglicht es, ehrgeizige
Klimaziele nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis zu erreichen.
Wir JUNOS wollen, dass Österreich hier nicht Zuschauer bleibt, sondern Partner
einer europäischen Lösung wird und fordern die Aufhebung des
Bundesverfassungsgesetzes für ein atomfreies Österreich.
Klimapolitik wird nur dann gesellschaftlich akzeptiert, wenn sie auch
wirtschaftlich tragfähig ist. Ein Energiesystem, das ausschließlich auf
Erneuerbare setzt, braucht gigantische Investitionen in Speicher und Netzausbau.
Das verteuert den Strom und belastet Haushalte und Unternehmen.
Ein Mix, der auch Kernkraft nutzt, senkt diese Systemkosten drastisch.
Strompreise können so langfristig stabiler und niedriger bleiben, weil weniger
fossile Reservekapazitäten notwendig sind und das Übertragungsnetz nicht in
gleichem Umfang ausgebaut werden muss. Ein solches System reduziert nicht nur
die CO₂-Emissionen deutlicher, sondern verringert auch die Abhängigkeit von Gas
und Öl aus instabilen Regionen oder Europa feindlich gesinnten Staaten wie
Russland. Während fossile Brennstoffe laufend in großen Mengen importiert werden
müssen, benötigt Kernenergie vergleichsweise geringe Mengen Brennstoff, die aus
einer breiteren Palette stabiler Lieferländer stammen können. Nach dem Scheitern
Österreichs Energiepolitik des russischen Gases, ist es höchste Zeit neue Wege
zu gehen.
Wir JUNOS setzen uns dafür ein, dass Österreich diese Vorteile anerkennt und
sich an einer europäischen Strategie beteiligt, die Kosten, Netzausbau und
Emissionen gleichzeitig im Blick behält.
Wir sprechen uns dabei grundsätzlich gegen verzerrende Subventionen und für
Kostenwahrheit am Energiemarkt aus. Neue Projekte dürfen nur dann realisiert
werden, wenn ihr gesamter Lebenszyklus vom Bau bis zur Entsorgung
durchkonzeptioniert, finanziert und abgesichert ist.
Wir JUNOS sehen, dass die technologische Entwicklung bei der Kernenergie in den
letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht hat. Neue Reaktorgenerationen –
wie modulare Kleinreaktoren – sind flexibler, sicherer und effizienter als die
Anlagen der Vergangenheit. Sie verfügen über passive Sicherheitssysteme, die
Unfälle wie in den Anfangsjahren der Kernkraft technisch ausschließen.
Gleichzeitig verringern sie das Abfallaufkommen und können teilweise vorhandene
Reststoffe wiederverwerten.
Langfristig eröffnet die Kernfusionsforschung die Perspektive auf eine praktisch
unerschöpfliche, saubere Energiequelle. Österreich darf sich diesen Innovationen
nicht verschließen, wenn es in Europa technologisch relevant bleiben will. Wir
JUNOS wollen, dass unser Land in internationalen Forschungsprojekten vertreten
ist und technisches Know-how aufbaut, statt es zu verlieren.
Wir JUNOS betonen, dass Atomenergie nicht gegen Erneuerbare ausgespielt werden
darf. Wir sehen beides als Partner: Erneuerbare Energien liefern günstigen
Strom, wenn Sonne und Wind vorhanden sind, Kernenergie liefert gesicherte
Leistung rund um die Uhr. Ein Energiesystem, das auf beiden Säulen ruht, vereint
Klimaschutz mit Versorgungssicherheit, senkt Kosten, minimiert Netzausbau und
Flächenverbrauch und erreicht ambitionierte Klimaziele verlässlich.
Wir JUNOS wollen eine Politik, die Risiken ehrlich abwägt und Chancen nutzt.
Keine Technologie ist risikofrei – auch nicht fossile Energien oder der
großflächige Ausbau von Wind- und Solaranlagen. Die Frage ist: Wie minimieren
wir Gefahren und wie sichern wir die Energieversorgung der Zukunft? Moderne
Kernkraftwerke können unter strengen europäischen Sicherheitsstandards betrieben
werden. Endlagerung, Rückbau und Haftungsfragen müssen klar geregelt,
transparent kontrolliert und international abgestimmt werden.
Wir JUNOS sind überzeugt, dass Energiepolitik in Europa nur gemeinsam
funktioniert. Kein Mitgliedstaat kann im Alleingang eine sichere und
klimaneutrale Energiezukunft schaffen. Österreich muss sich daher in Europa
konstruktiv einbringen, Sicherheits- und Umweltstandards mitgestalten und sich
an Forschung und Entwicklung beteiligen, statt sich selbst ins Abseits zu
stellen. Nur so können wir auch die Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger
wahren und gleichzeitig einen Beitrag zum europäischen Klimaschutz leisten.
Mit der Taxonomie-Verordnung wurde auf europäischer Ebene ein einheitlicher
Rahmen geschaffen, in dem festgelegt ist, welche wirtschaftlichen Aktivitäten
als ökologisch nachhaltig gelten.[2] Auf Basis der darin definierten Kriterien
wird auch Kernenergie als „grün“ eingestuft, wenn etwa hohe Sicherheitsstandards
eingehalten werden und ein Plan für die Endlagerung vorliegt.[3] Österreich soll
sich dieser Einstufung nicht länger aus rein ideologischen Gründen
entgegenstellen.
Vielmehr muss sich Österreich in der europäischen Energiepolitik für einen
technologieoffenen Ansatz einsetzen und sich aktiv an internationalen
Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu moderner Kernenergie und Kernfusion
beteiligen. Sicherheits-, Kontroll- und Entsorgungsstandards sollen streng und
europäisch harmonisiert werden, damit Vertrauen und hohe Sicherheitsniveaus
garantiert sind.
Wir JUNOS bekennen uns zu einer Kombination aus erneuerbaren Energien und
moderner Kernkraft als realistischer, kosteneffizienter und klimafreundlicher
Weg in die Zukunft.
Durch Annahme dieses Antrags wird der Beschluss „Nukleartechnologie – Mehr
Sachlichkeit im Sinne der Forschung“ des XIV. Bundeskongresses in Linz
aufgehoben.
[1] Aufgeschlüsselt nach Bundesländern: Für die Inbetriebnahme ging die
Abstimmung in folgenden Bundesländern aus: Burgenland 59,8% pro; Kärnten 54,1 %
pro; Niederösterreich 50,9 % pro; Steiermark 52,8 % pro; Wien 55,4 % pro. Gegen
die Inbetriebnahme: Oberösterreich 52,8 % contra; Salzburg 56,7 % contra; Tirol
65,8 % contra; Vorarlberg 84,4 % contra.
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