Veranstaltung: | XXVII. Bundeskongress |
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Tagesordnungspunkt: | 9.3 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Gregor Stadler, Felix Schnabl, Moritz Mairhofer, Fritz Noske |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.05.2023, 22:00 |
A6: Lasst uns statt dem Staat die Krise spüren!
Antragstext
Uns, den JUNOS - Junge Liberale NEOS, ist bewusst, dass eine Marktwirtschaft
nicht nur aus Phasen des Aufschwungs besteht. Wir sehen Krisen und Phasen des
Abschwungs als Situationen, in denen der Staat unterstützend und teilweise
abfedernd eingreifen kann. Dennoch muss klar sein, dass der Staat auch in Krisen
mit Steuergeld und möglicher neuer Schuldenaufnahme verantwortungsbewusst
umzugehen hat. Denn ein aufgeblähter Staat ist ineffizient und hohe Schulden
belasten die nächsten Generationen. In der aktuellen Situation umso mehr, da in
absehbarer Zukunft noch viele teure Krisen auf uns Junge zukommen - der
Klimawandel ist hier ein Beispiel, dessen Bekämpfung viele nachhaltige
Investitionen benötigen wird.
Mit der Corona-Krise wurde eine neue Ära eingeleitet: Jede noch so kleine
Unannehmlichkeit soll der Staat richten. Staatsquoten stiegen rasant an und
Werte jenseits der 50 Prozent gehören mittlerweile zur Tagesordnung. Dass sich
der Staat in Krisen ausweitet und sich danach nicht mehr zurückzieht, ist nicht
nur in Österreich zu beobachten. Gerade deswegen benötigt es ein entschiedenes
„Nein“ gegen diese Entwicklungen. Denn die Anreize der Politik sind klar:
Die Ausweitung ihrer Macht und der von ihnen verwalteten Gelder liegt ganz in
ihrem Interesse. Jenes Machtstreben ergibt, gepaart mit der Staatsgläubigkeit
vieler Österreicher, einen toxischen Cocktail. Denn obwohl die Regierung
aktuell einen starken Vertrauensverlust hinnehmen muss, rufen die Bürger des
Landes noch immer bei jedem Problemchen nach dem Staat.
Die Resultate der Corona-Krise sehen wir nun: Überförderung vieler Betriebe und
das Entstehen vieler sogenannter Zombieunternehmen, die nur durch billige
Kredite und Staatsunterstützung überleben können. Wenn jemand von der Krise
profitiert hat, dann ist es der Staat. Die Gefahr ist groß, dass die aktuelle
Phase der Stagflation nur eine weitere Krise ist, die den Staat mächtiger macht.
Die aktuelle Kombination aus hoher Inflation und stagnierender
Wirtschaftsleistung, also eine Stagflation, stellt Zentralbanken und Regierungen
vor eine große Herausforderung. Die letzte große Stagflationsphase begann in
den 1970ern. Auch wenn eine Stagflation daher bis jetzt nur sehr selten vorkam,
ist die Aufgabenteilung aus ökonomischer Sicht klar: Die EZB als Hüterin der
Preisstabilität muss sich um die Inflationsbekämpfung kümmern. Sie muss sich
davor hüten, den gleichen Fehler zu machen wie die US-amerikanische Federal
Reserve in den 1970ern. Denn damals mussten die Zinsen aufgrund der zuerst zu
zögerlichen Geldpolitik auf über 20 Prozent angehoben werden, um die Inflation
in den Griff zu bekommen. Das Resultat war eine starke Rezession.
Gleichzeitig sind Regierungen dazu angehalten, die Auswirkungen der hohen
Preissteigerungen für die vulnerabelsten Haushalte abzufedern, wenngleich der
Sozialstaat nicht dazu dient, jeglichen Wohlstandsverlust auszugleichen. Sie
müssen sich aber davor hüten, alle Probleme für alle lösen zu wollen. Aktuelle
Forschung zeigt, dass es nicht ausreicht, wenn Zentralbanken ihre Zinssätze
erhöhen, um die Inflation einzudämmen. Es benötigt auch eine verantwortungsvolle
Fiskalpolitik, die Geld nicht gedankenlos ausgibt. Dazu gehört nicht, dass die
Fiskalpolitik sich weiter über billiges Geld finanziert oder den Schuldenberg
durch Inflation schrumpfen lässt, sondern eine angepasste Einnahmen- und
Ausgabenpolitik. Es braucht daher nicht nur eine glaubwürdige Zentralbank, die
sich ganz der Inflationsbekämpfung widmet. Es braucht ebenso einen Staat, der
genauso glaubwürdig eine nachhaltige Schuldenpolitik betreibt. Denn ein Staat,
der das nicht tut und Geld aus dem Fenster wirft, heizt die Inflation weiter an.
Umso mehr, wenn er diese Schulden nicht nachhaltig wieder abbauen wird.
(https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4205158)
(https://www.journals.uchicago.edu/doi/full/10.1086/674588)
Auch wenn die Aufgabenteilung klar ist, zeigen die letzten Monate, dass sowohl
Zentralbank als auch Regierung an der Erfüllung dieser Aufgaben kolossal
scheitern. Die bisherige Performance ist mehr als unzufriedenstellend.
Mit ihrer bisherigen Strategie, jedem Bürger die Kosten der Teuerung zu
ersetzen, erreicht die Regierung nur eines: eine weitere Anfachung der Inflation
durch viel zu hohe Staatsausgaben. Diese Entwicklungen sind auch global zu sehen
und werden von internationalen Forschungsinstituten wie etwa dem IWF kritisiert.
Zudem lässt eine expansive Finanzpolitik gemeinsam mit völlig ungerichteten
Auszahlungen an Bürgern die Konsumausgaben und Nachfrage stark ansteigen, das
Angebot aber nur schwer darauf reagiert. Ein solches Vorgehen kurbelt die
Inflation nur noch weiter an.
Obwohl die Steuereinnahmen in Österreich durch die hohe Inflation steigen,
müssen obendrein noch Schulden aufgenommen werden. Gestiegene Zinsen, die mit
der Inflationsbekämpfung der Zentralbank einhergehen, belasten den
Staatshaushalt bei Neuschuldenaufnahme zusätzlich.
Dass die Zeiten niedriger Inflation vorbei sind, haben viele Zentralbanken in
Industrieländern lange nicht ernst genommen. Die EZB war jedoch die
Zentralbank, die von allen Währungsräumen am längsten brauchte, um dies zu
realisieren. Auch danach verhinderte ihr zaghaftes Verhalten eine zeitgerechte
Anhebung des Leitzinses. Dadurch kamen die Zinserhöhungen zu spät und die EZB
setzte ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel.
(https://personal.lse.ac.uk/reisr/papers/22-whypi.pdf) Der Euro hat deshalb im
vergangenen Jahr massiv gegenüber anderen Währungen, wie etwa dem Dollar oder
dem Schweizer Franken, abgewertet. Die gemeinsame Währung ist durch das
zögerliche Handeln zur Weichwährung geworden, wodurch zusätzliche Inflation
importiert wird.
Die JUNOS - Junge Liberale NEOS treten für einen verantwortungsbewussten Umgang
mit Krisen ein. Insbesondere eine Periode der Stagflation verlangt ein
vorsichtiges Vorgehen mit Fingerspitzengefühl. Deshalb fordern wir:
- Neben richtigen Maßnahmen, wie etwa die Abschaffung der Kalten Progression
oder die Valorisierung der Sozialleistungen, gleichen die bisherigen Anti-
Teuerungsmaßnahmen der österreichischen Regierung einem Fleckerlteppich.
Sie verteilen Geld mit der Gießkanne, statt zielgerichtet zu wirken. Im
Angesicht der steigenden Inflation sollte man sich darauf fokussieren,
effektiv jene zu unterstützen, die Hilfe tatsächlich nötig haben. Das
passiert nicht durch weitere kleinteilige Gießkannenmaßnahmen, wie etwa
der Aussetzung einer Gebührenerhöhung oder dem Antiteuerungsbonus, sondern
z.B. durch fokussierte Einmalzahlungen, die Personen erhalten, die bereits
bestimmte Sozialleistungen beziehen. Gießkannenmaßnahmen verstärken nur
die inflationären Tendenzen und sind damit in der jetzigen Situation
kontraproduktiv.
- Von innerstaatlich gedoppelten Maßnahmen sollte abgesehen werden. Die
Lösungen sollten vorrangig bundesweit umgesetzt werden, um ineffiziente
Überschneidungen und weitere Überförderungen zu vermeiden.
- Panische, undurchdachte Schnellschüsse wie etwa Steuern auf sogenannte
„Zufallsgewinne“ sind häufig populistischer Natur und strikt abzulehnen.
Diese haben langfristig schädliche Auswirkungen auf Marktdynamiken und die
Attraktivität des österreichischen Wirtschaftsstandortes.
- Vielmehr sollte die Regierung sich jetzt darauf fokussieren, auch mittel-
und langfristige, angebotsseitige Maßnahmen auszuarbeiten. Dazu gehört zum
einen der Ausbau Erneuerbarer Energien, um die Abhängigkeit von Russland
zu reduzieren. Zum anderen muss aber auch dem Fachkräftemangel
entgegengewirkt werden. Um das Arbeitskräfteangebot zu erweitern, muss
auch das Pensionsantrittsalter weiter angehoben werden. Denn eine
Erweiterung des Angebots ist nicht nur für den Umstieg im Kampf gegen den
Klimawandel notwendig - sondern auch, um dem Lohn- und Inflationsdruck,
der mit einem geringen Angebot einhergeht, entgegenzutreten.
- Um der beständigen Ausweitung des Staates in Zukunft entgegenzutreten,
sollte Österreich neben einer Schuldenbremse eine zusätzliche
Ausgabenbremse im Verfassungsrang einführen.
- Außerdem muss, wie bereits von den JUNOS - Junge Liberale NEOS gefordert,
ein Sparplan erstellt werden, welcher festlegt, wie nach der Krise
glaubhaft der Schuldenstand abgebaut werden kann.
- Bisherige Maßnahmen auf EU-Ebene, wie etwa der Vorschlag eines
Preisdeckels, sind abzulehnen. Preissignale sind das beste Mittel, um in
der aktuellen Energiekrise die notwendigen Einsparungen zu erreichen.
Preise bringen Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht, während
Preisdeckel die Nachfrage nur weiter erhöhen und schlussendlich zu echten
Knappheiten führen können. Dementsprechend sind Einsparungsziele
vorzuziehen.
- Des Weiteren sind Lösungen wie etwa ein Einkaufskartell eine gute
Möglichkeit, um vereint gegenüber den Anbietern gute Energiealternativen
für die Union zu beschaffen.
- Eine weitere Aussetzung der Fiskalregeln ist abzulehnen. Nach der Krise
sollen die bereits bestehenden Fiskalregeln wieder bindend werden.
Zusätzlich benötigt es eine Reform, die die Einhaltung der Fiskalregeln
bindender macht und den Verhandlungsspielraum verkleinert.
- Kaum hat die EZB begonnen, die Zinsen zu erhöhen, überlegt sie bereits,
wann damit wieder Schluss ist. Obwohl es zwischen neun Monate und zwei
Jahre dauert, bis die bisherigen Zinsschritte einen dämpfenden Effekt auf
die Inflation aufweisen, sollte die EZB trotzdem nicht zu schnell damit
aufhören. Denn in der aktuellen angebotsseitigen Krise ist es besonders
wichtig, dass die EZB ihre Glaubwürdigkeit behält und die
Inflationserwartungen beim ursprünglichen Inflationsziel von zwei Prozent
bleiben. Ansonsten ist die Gefahr hoch, dass die Inflation sich noch
länger auf einem hohen Niveau verfestigt oder sogar verselbstständigt.
- Weitere Programme, wie etwa das TPI, im Rahmen dessen die EZB zusätzliche
Staatsanleihen kaufen möchte, wenn die Zinsen auf diese nach eigenem
Ermessen zu hoch sind, sind abzulehnen.
- Wie bereits von den JUNOS - Junge Liberale NEOS beschlossen, sollte sich
die EZB ausschließlich auf ihr Mandat der Erhaltung der Preisstabilität
fokussieren. Wir sehen, dass die vergangene Geldpolitik die EZB in eine
Sackgasse manövriert hat, in welcher Inflationsbekämpfung wegen der zu
hohen Schuldenstände der Mitgliedsstaaten nur beschränkt verfolgt wurde.
Dieses Problem der “fiskalischen Dominanz”, in welcher sich die
Geldpolitik der Fiskalpolitik unterordnet, muss in Zukunft vermieden
werden.
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