Veranstaltung: | XXVI. Bundeskongress |
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Tagesordnungspunkt: | 11.1. Leitantrag des Bundesvorstands |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Einstimmig Ja: 39, Nein: 0, Enthaltungen: 1, Ungültig: 0 |
Beschluss durch: | Bundeskongress |
Beschlossen am: | 05.11.2022 |
Basierend auf: | LANEU6: Zukunft neu bauen! Unsere Bauanleitung für nachhaltig günstiges Wohnen. |
Zukunft neu bauen! Unsere Bauanleitung für nachhaltig günstiges Wohnen.
Beschlusstext
Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Seit Menschen vor ca. 10.000 Jahren
sesshaft wurden, ist die Schaffung der eigenen vier Wände integraler Bestandteil
der menschlichen Kultur und Identität. Der eigene Wohnraum gibt Sicherheit, er
ist essentiell für die Gesundheit und sein Umfeld prägt uns für unser Leben. Er
ist ein Stabilitätsfaktor im Leben eines jeden Menschen, der in seiner Bedeutung
nicht überschätzt werden kann. Die Schaffung eines Eigenheims ist essentiell im
Aufbau von Vermögen[1] und mit seiner ermächtigenden Idee von Unabhängigkeit
seit jeher ein Fundament liberaler Lebensweise.
Für junge Menschen wird es jedoch immer schwieriger, den Traum eines eigenen
Wohnraumes zu verwirklichen: immer stärker klafft das verfügbare Einkommen von
Haushalten und die Immobilienpreise auseinander.[2] Das Eigenheim ist damit für
viele nicht mehr erschwinglich. Besonders junge Menschen sind von dieser
Entwicklung betroffen, wohingegen der Staat über die Eintragungsgebühr für das
Grundbuch ordentlich von der Teuerung profitiert.
Auch die hohen Mietkosten erschweren vor allem jungen Menschen, ein souveränes
Leben zu führen, Familien zu gründen und nachhaltige Investitionen in das eigene
Leben zu tätigen. Dieses Problem ist dabei keine Randerscheinung, sondern
betrifft knapp die Hälfte der österreichischen Bevölkerung - noch drastischer
ist die Situation in großen Städten und suburbanen Gebieten (Speckgürtel), etwa
der Bundeshauptstadt, in der 77% zur Miete wohnen.[3]
Staatliche Markteingriffe schaffen keinen Wohnraum!
Während die österreichische Bevölkerung in den vergangenen Jahren stark
gewachsen ist, zog der Bau von neuen Wohnungen nur allmählich an.[4] Der
verfügbare Wohnraum ist also nicht ausreichend mit der Entwicklung der
Bevölkerung gewachsen. Der Grund dafür liegt einerseits im enormen,
krisenbedingten Anstieg der Baukosten und andererseits durch die hohe
Regulierungsdichte in Österreich, die den Wohnmarkt besonders träge machen.
Dies hat zur Folge, dass durch das fehlende Angebot bei gleichzeitig steigender
Nachfrage von Wohnraum die Mieten steigen. Durch die zunehmende Urbanisierung
sind davon besonders die Ballungszentren betroffen, die günstigen Wohnraum in
großen Städten zur Mangelware machen.
Um dieser Entwicklung entgegenzuhalten, hilft in erster Linie eines: Neue
Wohnungen bauen und das zu günstigeren Konditionen. Nur durch verdichteten
Neubau von Wohnraum, der Mobilisierung von leerstehenden Wohnungen und der
Sanierung von maroden Wohnhäusern und vormals anderwertig genutzten Gebäuden,
die zu Wohnräumen umgewandelt werden können, kann die Nachfrage gestillt und die
Preisentwicklung entspannt werden.
Populistische Forderungen nach einem Mietendeckel hingegen schaffen keine
einzige zusätzliche Wohnung und schlimmer noch, sie verringern das verfügbare
Angebot sogar! Durch die Einführung eines Mietpreisdeckels in Berlin - ein
Vorzeigeprojekt der rot-rot-grünen Stadtregierung - brach das Wohnungsangebot um
60 Prozent ein.[5] Auch die Leerstandsabgabe ist als Mittel vollkommen
ungeeignet, um Wohnraum verfügbar zu machen und stellt einen ungerechtfertigten
staatlichen Eingriff in privates Eigentum dar. Für große Unternehmen fällt die
Abgabe nicht ins Gewicht oder wird an die übrigen Mieter_innen weitergereicht.
Für kleine, nicht gewerbsmäßige Vermieter_innen sinkt der Anreiz, in
leerstehende Wohnungen zu investieren, um diese für den Markt attraktiv zu
machen und im Sinne des Klimaschutzes zu sanieren. Beide Maßnahmen lehnen wir
entschieden ab
Statt willkürlicher, staatlicher Eingriffe in das Grundrecht auf Eigentum,
braucht es endlich eine Rücknahme der ausufernden Gießkannensubventionen, der
zunehmenden staatlichen Eingriffe und eine Rückbesinnung auf die Wirkmacht des
Marktes. Der Staat muss sich wieder zurücknehmen und auf seine Kernaufgaben
fokussieren: Einen stabilen Rahmen für die nachhaltige Schaffung von Wohnraum
durch den Markt zu geben und die Mietkosten dadurch zu senken.
- Das Mietrechtsgesetz muss endlich reformiert werden, um der
Interventionsspirale einen Riegel vorzuschieben und leistbares Wohnen
möglich zu machen! Daher bekräftigen wir die Forderungen unseres Antrags
Das liberale Mietrecht.[6]
- Vorerst sollen zumindest Vermieter_innen, die die eigenen Mietwohnungen
auf ein klimaneutrales Niveau heben (Stichwort: Nullenergiehaus), nicht
mehr dem Richtwertmietzins unterliegen. Mit dieser Maßnahme schaffen wir
einen Anreiz für die dringend notwendige klimaschonende Sanierung von
Altbauten und sorgen langfristig für die Homogenisierung des Mietmarktes.
- Für Gebäude, die nicht dem Richtwertmietzins unterliegen, braucht es
zielgerichtete Unterstützungen, die eine umfassende thermische Sanierung
zum Ziel haben. Damit Österreich sein Ziel erreichen kann, bis 2040
klimaneutral zu werden, müssen mehr alte Gebäude nachhaltig saniert
werden. Derzeit liegt die Sanierungsquote im Gebäudesektor bei nur 1,5% -
benötigt werden jedoch 2,5% bis 2025.[7]
- Personen mit einem geringen Einkommen, die marktübliche Mieten nicht aus
eigener Kraft stemmen können, müssen durch die öffentliche Hand gestützt
werden. Subjektförderungen, also finanzielle Beihilfen für Individuen,
sind unserer Auffassung nach der richtige Weg, um soziale Härten
abzufangen. Objektförderungen, etwa durch eine Wohnbauförderung o.ä.,
lehnen wir ab. Derartige Subventionen führen zu einer starken
Segmentierung des Marktes, die den Preisdruck auf die übrigen
Marktteilnehmer deutlich erhöht. Durch oftmals lange Wartelisten werden
besonders Junge bei der Wohnungssuche benachteiligt.
Aber auch die Immobilienpreise sind in Österreich stark gestiegen und zwar
deutlich mehr als in den meisten anderen EU-Staaten. Nur im Baltikum, Ungarn und
in Luxemburg wurden die Immobilienpreise noch teurer.[8] Mit dieser
Preisentwicklung kann die Einkommensentwicklung nicht mithalten und das
erschwert den Vermögensaufbau durch Immobilien besonders für Junge.
- Keine Grunderwerbsteuer beim Kauf der ersten Immobilie, sofern es sich
entweder um eine Wohnung oder ein anderes, bereits vor 2020 errichtetes
Objekt handelt.
- Einmodernes Grundbuch. Durch ein modernes Grundbuch - Neuseeland zählt
dabei als Best Practice - würden in Österreich Einsparungen von über einer
Milliarde € direkt bei Käufer_innen entstehen.[9]
- Eine Reform der Grundsteuer.[10] Die derzeitige Ausgestaltung der
Grundsteuer ist nicht treffsicher. Das System basiert auf völlig
veralteten Einheitswerten und spiegelt weder die gestiegenen Preise wider,
noch ist sie flexibel genug, um die regionalen Unterschiede abzubilden.
Die Steuer muss sich zukünftig an aktuellen Marktwerten statt starrer
Einheitswerte orientieren. Die Progression der Steuer muss so gestaltet
werden, dass für den durchschnittlichen Eigenwohnraum deutlich günstigere
Sätze gelten als für größere Immobilienvermögen.
Die Ausnahmen im Gesetz gehören dabei auf ein absolutes Minimum reduziert.
Steuerbefreiungen für Kirchen und anerkannte Religionsgemeinschaften haben in
einem modernen, säkularen Staat nichts zu suchen. Auch Steuerbegünstigungen für
Flughäfen sind angesichts der Herausforderung der EU-Klimaziele nicht
zielführend.
- Ein modernes Grund- und Immobilienregister nach dänischem Vorbild.[11] Wie
in vielen anderen Bereichen der österreichischen Verwaltung, fehlt es an
einer genauen Datenlage. Die Folge davon ist oft der politische Blindflug
bei Förderungen und Reformen. Ein solches Register würde klare
Bemessungsgrundlagen für die reformierte Grundsteuer schaffen und
zielgerichtete Förderungen für die Erreichung der Klimaziele ermöglichen.
- Eine Befreiung von der Grundsteuer beimKauf der ersten eigenen Immobile,
sofern es sich um eine Wohnung oder ein anderes, bereits vor 2020
errichtetes Objekt handelt, für die ersten fünf Jahre.
- Die steuerliche Absetzbarkeit von Kreditraten eines Kredits, der für den
Kauf der ersten eigenen Immobile, sofern es sich um eine Wohnung oder ein
anderes, bereits vor 2020 errichtetes Objekt, handelt.
Wohnungsbau nicht Raubbau!
Auch wenn wir ausufernde staatliche Eingriffe entschieden ablehnen, sind wir
JUNOS - Junge Liberale NEOS uns der physischen Grenzen unseres Planeten bewusst.
Sie sind die Grundlage menschlichen Lebens und dadurch Voraussetzung für ein
selbstbestimmtes Leben in Freiheit. Die Grenzen des Planeten sind damit
automatisch die Grenzen des Marktes. Technische Innovation und die grenzenlose
Kreativität des Menschen müssen der Antrieb für wettbewerbsfähige Preise am
Wohnungsmarkt sein und nicht durch die Ausbeutung der Umwelt erzielt werden.
Dabei führt gerade oft staatliches Versagen zum bedenkenlosen Umgang von Grund
und Boden. In Österreich wurden in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 11,5
ha pro Tag an Boden versiegelt. Das entspricht 24 Fußballfeldern pro Tag. Der
jährliche Produktivitätsverlust durch Versiegelung entspricht dem jährlichen
Nahrungsbedarf von etwa 20 000 Menschen.[12] Durch die Schaffung von
begleitender Infrastruktur, um lose Siedlungszüge zu verbinden, werden wichtige
Rückzugsflächen von Pflanzen und Tieren zerschnitten und die biologische
Vielfalt damit gefährdet. Versiegelte Flächen nehmen kein Wasser mehr auf, was
ein erhöhtes Hochwasserrisiko zur Folge hat. Schließlich kann versiegelter Boden
Wasser auch nicht verdunsten. Das führt besonders in Ballungsräumen mit hohen
Versiegelungsraten zu Tropennächten, unter denen Menschen und Tiere leiden.
Hier versagt der Staat in seiner Verantwortung, schützende Rahmenbedingungen zu
setzen. Die Flächenwidmungskompetenz der Gemeinden führt zu zersiedelten Flächen
und dient oft mehr den Interessen der agierenden Gemeindepolitiker,, als der
nachhaltigen Entwicklung von Siedlungsräumen. Baurechtliche Vorgaben zementieren
nicht nachhaltige Bauformen ein. Dieses Staatsversagen muss endlich korrigiert
werden.
- Die Flächenwidmungskompetenz muss den Gemeinden entzogen werden und auf
einer überregionalen Ebene angesiedelt werden.Kompaktere Siedlungskerne
bedeuten eine effizientere Nutzung von öffentlicher Infrastruktur und
entlasten damit den Haushalt der Kommunen.
- Die ersatzlose Streichung von Neubauförderungen von Ein- und
Zweifamilienhäusern im Rahmen der Wohnbauförderung.[13] Diese teure
Maßnahme (durchschnittl. 275 Mio. jährlich) befeuert die Zersiedelung als
auch die Flächenversiegelung und bürdet den Kommunen, durch die notwendige
Bereitstellung von Infrastruktur, wie Straßen, ÖNV und (Ab)wasserrohren,
enorme Zusatzkosten auf. Einfamilienhäuser sind weder ökologisch noch
finanziell nachhaltig.
- Die Schaffung von steuerlichen Anreizen, um die Bebauung von bereits
versiegelten Flächen und innerörtlichen Lücken, im Sinne der
Innenverdichtung, zu fördern. Die Aufbereitung von bereits versiegelten
Flächen, um diese für Neubauten nutzen zu können, ist teuer. Dadurch
werden neue Gebäude oft eher in eigens umgewidmetem Grünland errichtet,
anstatt auf ungenutzten, bereits versiegelten Flächen. Durch steuerliche
Begünstigungen können hier Anreize geschaffen werden, um unversiegelte
Flächen zu schützen. Hiermit wird maßgeblich zur Mobilisierung von Bauland
beigetragen. Durch die Bereitstellung von (steuerlich) begünstigtem
Bauland werden auch die Baukosten gesenkt.
- Die Lockerung von baurechtlichen Richtlinien, um die Sanierung von alten
Gebäuden zu erleichtern und kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen.
Oftmals steht die staatliche Regulierungswut der Mobilisierung von
Wohnraum in alten Gebäuden entgegen. Durch das starre Festlegen von
willkürlichen Regelungen, etwa bei der erforderlichen Raumhöhe, ist die
Bereitstellung von Wohnräumen in historischen Gebäuden entweder sehr teuer
oder unmöglich.
- Qualitätsvolle Innenverdichtung. Viele Siedlungsräume kämpfen mit der
bestehenden Versiegelung. Neben der Flächenwidmung ist dieser Zustand auch
oft Ergebnis rigider, lokaler Baurichtlinien. Wir JUNOS - Junge Liberale
NEOS bekennen uns zum Prinzip der qualitätsvollen Innenverdichtung.
Wohnraum muss wieder in die Höhe und nicht mehr in die Breite wachsen und
dazu müssen Baurichtlinien gelockert werden. Die Verdichtung eines
Siedlungskernes muss dabei einhergehen mit dem Ausbau von Infrastruktur,
die nachhaltige Mobilität sicher ermöglicht (Stichwort Mobilitätswende)
und durch umfassende Begrünung im öffentlichen Raum begleitet werden, die
den Bewohnern Erholung bieten, die Siedlungen kühlen und die negativen
Auswirkungen auf die Biodiversität dämpfen.
[4]https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-
soziales/bevoelkerung/demographische-prognosen/bevoelkerungsprognosen-fuer-
oesterreich-und-die-bundeslaender
[5]https://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnungsangebot-in-berlin-durch-
mietendeckel-um-60-prozent-eingebrochen-5999386.html
[6] Das liberale Mietrecht. Antrag beschlossen durch den X. Bundeskongress,
Salzburg 2014.
[7]https://www.derstandard.at/story/2000131328704/so-wird-das-nichts-
sanierungsrate-im-gebaeudebestand-zu-niedrig
[8]https://www.neos.eu/_Resources/Persistent/f5cd204bd55f72c78306e77bd017d8e5788-
4ff65/PB-quadrat-Immobilien_druck.pdf
[9]https://www.neos.eu/_Resources/Persistent/f5cd204bd55f72c78306e77bd017d8e5788-
4ff65/PB-quadrat-Immobilien_druck.pdf, S.35-36.
[10]https://www.neos.eu/_Resources/Persistent/f5cd204bd55f72c78306e77bd017d8e578-
84ff65/PB-quadrat-Immobilien_druck.pdf
[11]https://www.neos.eu/_Resources/Persistent/f5cd204bd55f72c78306e77bd017d8e578-
84ff65/PB-quadrat-Immobilien_druck.pdf