| Veranstaltung: | Landeskongress Tirol |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 13.c Weitere Anträge |
| Antragsteller*in: | Tobias Reindl, Bernhard Huber, Julian Pfurtscheller |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 27.11.2025, 17:25 |
A6: Für eine moderne und differenzierte Berufsschule in Tirol und Bundesweit Leistungsorientierung, Matura-Fokus und praxisnahe Lehrpläne
Antragstext
Die Tiroler Berufsschulen sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres
Bildungssystems. Sie verbinden schulische Grundlagen mit praktischer Ausbildung
und bilden damit das Rückgrat der dualen Lehre, die seit Jahrzehnten ein
Erfolgsmodell darstellt. Doch wie jedes System, das sich über Jahre hinweg kaum
verändert hat, steht auch die Berufsschule heute vor neuen Herausforderungen.
Die Anforderungen an junge Menschen haben sich erhöht, die Arbeitswelt verlangt
mehr Flexibilität, mehr Eigenverantwortung, mehr digitale und wirtschaftliche
Kompetenzen. Gleichzeitig unterscheiden sich die Bildungswege innerhalb der
Lehre stärker denn je. Während einige Lehrlinge ausschließlich auf die
berufliche Praxis fokussieren, nutzen andere die Möglichkeit der Lehre mit
Matura, um ihre Chancen auf weiterführende Ausbildungen oder spätere
Studiengänge zu verbessern.
Doch das gegenwärtige Tiroler Berufsschulsystem setzt trotz dieser
unterschiedlichen Zielsetzungen weiterhin auf Einheitsunterricht. Alle Lehrlinge
besuchen dieselben Klassen, hören dieselben Inhalte, werden im selben Tempo
geprüft – unabhängig davon, ob sie eine Matura anstreben oder nicht. Dieses
starre System benachteiligt beide Seiten: Jene, die sich voll auf ihren Beruf
konzentrieren möchten, werden durch unnötige theoretische Inhalte überfordert
oder fehlgeleitet; jene, die die Lehre bewusst mit der Matura verbinden, werden
nicht im erforderlichen Umfang gefordert und können ihr Potenzial nicht
ausschöpfen. Damit wird wertvolle Zeit verschenkt und Bildungschancen werden
verschlechtert.
Für uns Junos ist klar: Ein modernes Bildungssystem muss die Vielfalt junger
Menschen anerkennen, nicht ignorieren. Die Berufsschule darf nicht länger ein
Ort sein, an dem alle in ein einheitliches Raster gedrückt werden. Sie muss ein
Umfeld schaffen, in dem individuelle Stärken gefördert, Bildungsziele
berücksichtigt und Leistungsbereitschaft belohnt werden.
Eine Zweigteilung des Unterrichts in zentralen Fächern wie Englisch, Deutsch &
Kommunikation, Mathematik und Angewandte Wirtschaftslehre ist daher ein
logischer und notwendiger Schritt. Wer auf seine berufliche Praxis fokussiert,
soll genau jene Inhalte lernen, die er oder sie später auch tatsächlich braucht
– praxisorientiert, verständlich und unmittelbar anwendbar. Wer hingegen die
Lehre mit Matura verfolgt, benötigt eine stärkere theoretische Fundierung, einen
deutlich gehobenen Anspruch und Unterricht, der auf den Maturaabschluss
vorbereitet. Ein solches Modell ist nicht nur effizient, sondern auch gerecht:
Jede*r Lehrling erhält genau die Ausbildung, die zu seinem oder ihrem Weg passt.
Darüber hinaus ist es dringend notwendig, die wirtschaftlichen Inhalte des
Berufsschulunterrichts zu modernisieren. Fächer wie Angewandte Wirtschaftslehre
müssen junge Menschen auf eine Welt vorbereiten, in der finanzielle
Selbstständigkeit, unternehmerisches Denken und ökonomische Zusammenhänge
entscheidend sind. Heute verlassen viele Lehrlinge die Berufsschule, ohne jemals
systematisch mit Themen wie Zinsenberechnung, Rechnungswesen, Konto- und
Vertragskunde oder grundlegendem Budgetmanagement konfrontiert worden zu sein.
Das ist nicht nur unzeitgemäß – es ist ein struktureller Nachteil. Ein solides
wirtschaftliches Grundverständnis ist keine Luxusaustattung, sondern eine
notwendige Kompetenz für ein selbstbestimmtes Leben.
Gleichzeitig müssen Lehrpläne entschlackt werden. Inhalte wie „Interkulturelle
Kommunikation“, die in vielen Berufsschulklassen ohne erkennbaren Nutzen oder
überhaupt einen Lehrplan vermittelt werden, tragen wenig zum beruflichen Alltag
oder zur persönlichen Entwicklung bei. Statt theoretischem Füllstoff braucht es
Klarheit, Fokus und Relevanz. Lehrpersonen müssen wieder die Freiheit haben,
Wesentliches zu vermitteln, statt Zeit in Inhalte zu investieren, die keinen
Mehrwert bieten.
Auch die Lehrabschlussprüfung (LAP) braucht einen grundlegenden Neustart. Eine
Prüfung, die nur ein Mindestniveau abfragt, ist keine echte
Qualifikationsprüfung. Sie muss den tatsächlichen beruflichen Alltag
widerspiegeln: Problemlösung, Anwendung, Kompetenz. Die LAP muss ein Gütesiegel
werden – kein Pflichttermin, der bloß abgehakt wird.
Schließlich braucht die Tiroler Lehre ein neues Selbstbewusstsein. Viele
Jugendliche entscheiden sich heute gegen eine Lehre, weil sie glauben, dieser
Bildungsweg sei weniger wert als eine schulische Ausbildung. Das Gegenteil ist
der Fall. Die duale Ausbildung ist modern, zukunftsorientiert und ein starker
Motor des Tiroler Wirtschaftsstandorts. Wir brauchen eine bundesweite
Kommunikationsoffensive, die jungen Menschen zeigt: Die Lehre ist kein
Kompromiss, sie ist eine Chance. Eine Chance auf Eigenständigkeit, beruflichen
Erfolg und eine hochwertige Ausbildung, die Türen öffnet.
Ein Berufsschulsystem, das differenziert, fordert und fördert – das ist der Weg
in eine Zukunft, in der alle jungen Menschen in Tirol die Ausbildung bekommen,
die sie verdienen. Ein System, das nicht Gleichmacherei betreibt, sondern
Leistung, Individualität und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt stellt.
Wir Tirol stehen für dieses Verständnis von Bildung. Für ein Berufsschulsystem,
dass die Realität anerkennt und mutig reformiert. Für junge Menschen, die mehr
können, wenn man ihnen die richtigen Rahmenbedingungen gibt. Und für ein Tirol,
das seine duale Ausbildung nicht nur verwaltet, sondern aktiv weiterentwickelt.
- Junos Tirol fordert eine Modernisierung und Zweiteilung des
Berufsschulunterrichts in Tirol, um unterschiedliche Bildungsziele (Lehre
/ Lehre mit Matura) abzubilden.
- Der Lehrplan in Englisch, Deutsch & Kommunikation, und Angewandte
Wirtschaftslehresoll differenziertgestaltet werden und um Mathematik für
Maturaklassen erweitert werden.
- Das Fach AWL soll um praxisnahe Inhalte wie Finanzbildung,
Zinsenberechnung, Rechnungswesen und unternehmerisches Denken erweitert
werden.
- Lehrinhalte ohne klaren Praxisbezug oder Mehrwert sollen evaluiert und
gegebenenfalls gestrichenwerden.
- Die Lehrabschlussprüfung soll ein höheres Kompetenzniveau prüfen.
- Junos Tirol spricht sich für eine bundesweite Imagekampagne aus, die den
dualen Bildungsweg als gleichwertige, moderne Alternative zur schulischen
Ausbildung sichtbar macht.

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