Veranstaltung: | Landeskongress Oberösterreich - 05. Juli 2025 - "Jugendräume schaffen" |
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Tagesordnungspunkt: | 15. Leitantrag |
Antragsteller*in: | Gregor Stadler, Martin Gatzweiler, Elija Lambourne, Laura Feldler, Marlene Hofer, Isabell Maurer (Landesvorstand) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 27.06.2025, 06:11 |
A1: Jugendräume schaffen - Wo kein Raum, da keine Perspektive
Antragstext
Die Jugend ist die Zukunft unserer Gesellschaft und verdient unsere volle
Aufmerksamkeit, Unterstützung und Förderung. Junge Menschen brauchen
ausreichend Räume zur freien Entfaltung sowie Freizeitangebote, die
unkompliziert, kostengünstig und barrierefrei allen Jugendlichen unabhängig
von ihrer sozialen Herkunft zugänglich sind. Die persönliche Entwicklung und
gesellschaftliche Teilhabe darf keinesfalls davon abhängen, aus welchem
Elternhaus man kommt oder welche wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung
stehen.
Besorgniserregend ist dabei besonders die Statistik zur psychischen Gesundheit
junger Menschen: Aktuelle Studien zeigen, dass 28 % der Jugendlichen ihre
psychische Situation als „eher schlecht“ oder sogar „schlecht“
einschätzen [1]. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind gemeinschaftlich
nutzbare öffentliche Orte wie Parks, Sport- und Freizeitanlagen, Jugendzentren
ebenso wie Kulturstätten von zentralem Wert. Sie ermöglichen Jugendlichen,
sich außerhalb ihrer privaten Wohnsituation miteinander auszutauschen,
Gemeinschaft zu erleben und gemeinsam wertvolle Zeit verbringen zu können.
Laut der Ö3-Jugendstudie aus dem Jahr 2025 verbringen Jugendliche im Alter von
16 bis 25 Jahren ihre Freizeit besonders häufig mit [1]:
Jedoch ist Freizeit heute nicht selten mit hohen Kosten verbunden, was
insbesondere in Zeiten zunehmender Preissteigerungen vielen jungen Menschen
Probleme bereitet. Bereits rund 44 % der Jugendlichen geben an, dass sie
aufgrund der aktuellen Teuerungen bei alternativen Freizeitaktivitäten sparen
müssen [1]. Das bedeutet, dass Freizeitangebote kontinuierlich schwieriger
zugänglich sind, wodurch viele Jugendliche zunehmend ausgeschlossen sind.
Eine weitere Statistik zum Freizeitverhalten, die konkret auf Oberösterreich
bezogen ist, bestätigt ähnlich relevante Trends: Demnach treffen sich 69 % der
Jugendlichen gerne mit Freunden, 66 % verbringen ihre Freizeit hauptsächlich
mit Entspannen und Chillen, und 57 % verbringen generell am liebsten Zeit
gemeinsam mit Freunden. Zudem betreiben 46 % regelmäßig Sport und 29 % gehen
abends gerne fort [2]. In diesem Zusammenhang ist alarmierend, dass sich fast
die Hälfte der Jugendlichen (47 %) beim Fortgehen – einem zentralen
Bestandteil der Freizeitgestaltung – nicht sicher und geschützt fühlen [1].
Gleichzeitig ist die Jugend keine Priorität für die Politik, da aufgrund eines
proportional sinkenden Anteils der jungen Generation an der Gesamtbevölkerung.
Die Bedürfnisse und Perspektiven von Jugendlichen werden also politisch weniger
wahrgenommen und langfristig weniger berücksichtigt. Investitionen in
Freizeitangebote für Jugendliche könnten werden als unattraktiv wahrgenommen
– eine fatale Entwicklung, die letztlich bewirken könnte, dass immer weniger
jugendgerechte Freizeitangebote zur Verfügung stehen.
Dieser gesellschaftlichen Herausforderung gilt es frühzeitig aktiv
entgegenzuwirken und politisch verantwortungsvoll zu handeln: Nur durch gezielte
Maßnahmen und Investitionen in bedarfsgerechte, sichere und für alle
zugängliche Freizeitangebote kann eine positive Entwicklung unserer Jugend in
der Region ermöglicht werden.
Damit Oberösterreich seiner Jugend wieder echte Perspektiven bietet, fordern
wir:
Sport spielt eine zentrale Rolle in der körperlichen und mentalen Gesundheit
junger Menschen. Demnach wäre die Empfohlene Bewegungsdauer mit mittlerer
Intensität 60min pro Tag. Diese Richtlinie erreichen allerdings nur 20% der
11–15-Jährigen [3]. Dabei bietet Sport nicht nur einen wichtigen Ausgleich
zum oft stressigen Alltag, sondern fördert auch Gemeinschaftssinn und
persönliche Entwicklung. Leider haben nicht alle Jugendlichen die Möglichkeit,
zu Hause Sport zu treiben – sei es aus Platzmangel oder fehlender Ausstattung.
Auch ein Abonnement für ein Fitnessstudio ist für viele keine realistische
Option.
Deshalb setzen wir uns für den Ausbau frei zugänglicher Sportanlagen im Freien
ein. Gemeinden sollen demnach, angepasst and Größe und finanzieller
Möglichkeiten, Outdoor-Fitnessparks, Skateparks oder ähnliches schaffen. Diese
Gelegenheiten sollen möglichst zentral liegen, um das Angebot für möglichst
viele Menschen attraktiv zu machen. So schaffen wir nachhaltige Bewegungsräume,
die Sport für alle zugänglich machen – unabhängig vom Geldbeutel oder der
persönlichen Wohnsituation.
In Oberösterreich spiegeln Jugendräume und Jugendeinrichtungen derzeit nicht
immer die tatsächlichen Bedürfnisse und Lebenswelten junger Menschen wider.
Viele Jugendzentren sind schon älter und entsprechen nur mehr teilweise den
Vorstellungen der Jugendlichen. Besonders sichtbar wird dies im Hinblick auf
Modernität, Ausstattung und flexible Nutzungsmöglichkeiten. Diese räumlichen
Defizite schränken das kreative und soziale Potenzial junger Menschen erheblich
ein.
Bedarfsgerechte Evaluierung und Sanierung von Jugendzentren
Auf Grundlage einer umfassenden Evaluierung sollen bestehende
Jugendeinrichtungen landesweit gezielt saniert und modernisiert werden. Dabei
steht besonders eine zukunftsorientierte und jugendgerechte Ausstattung im
Vordergrund – verbunden mit klaren Maßnahmen hinsichtlich Barrierefreiheit,
energieeffizienter Sanierung und digitaler Infrastruktur.
Multifunktionsräume und „Third-Spaces“ anstelle isolierter Einzweckgebäude
Bestehende Leerstände wie ehemalige Postfilialen, Bankhäuser oder Bauernhöfe
bieten ein hohes Potenzial, als multifunktionale Jugendräume genutzt zu werden.
Konkret sollten multifunktionale Angebote geschaffen werden, welche flexibel
nutzbare Räume für Co-Working, E-Sports, Musik-Proberäume sowie
niedrigschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote (z.B. AMS-Pop-Ups,
psychologische Betreuung) bündeln.
Implementierung einer Landesweite Raum-Plattform „space4youth.at“
Um den jugendlichen Raumbedarf besser abzudecken unddas kreative sowie
unternehmerische Engagement Jugendlicher gezielt zu fördern, ist die
Einrichtung einer landesweiten Online-Raum-Vermittlungsplattform notwendig
(„space4youth.at“).
Auf dieser Plattform können Vereine, Bands und junge Start-ups verfügbare
gemeindeeigene Räume, Keller und Hallen unkompliziert und schnell finden und
buchen. Dabei soll jedem Jugendprojekt eine kostenfreie Raumnutzung von bis zu
20 Stunden pro Monat ermöglicht werden. Bei darüber hinausgehendem Bedarf ist
ein gedeckelter Miettarif mit angemessenen Saldo vorgesehen, um weiterhin
finanzielle Hürden niedrig zu halten.
Jugendbeteiligung absichern – Einführung eines „Jugendbudgets“
Jugendliche wissen oft am besten, was sie brauchen. Daher fordern wir die
Einführung eines verbindlichen, gemeindespezifischen „Jugendbudgets“. Jede
Gemeinde stellt mindestens 2 Euro pro Kopf und Jahr für jeden bzw. jede unter
25-Jährige zur Verfügung stellen, um junge Menschen bei der konkreten
Umsetzung eigener Projekte aktiv und transparent zu unterstützen und
Jugendbeteiligung nachhaltig zu verankern.
Die Club- und Veranstaltungskultur in Oberösterreich steht vor mehreren
Herausforderungen. Unter jungen Erwachsenen gehört das abendliche Fortgehen
zwar weiterhin zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, dessen Bedeutung
nimmt jedoch zunehmend ab. Laut einer Befragung aus dem Jahr 2023 sind nur noch
29 % aller 18- bis 33-Jährigen am abendlichen Ausgehen interessiert [4]. Dieser
Anteil hat sich in den vergangenen 17 Jahren somit mehr als halbiert. Diesen
Rückgang spiegelt auch die Clubkultur wider: Nur drei der zehn größten
Städte (Linz, Wels, Steyr) verfügen über ein nennenswertes Nightlife-Angebot.
In weiten Teilen unserer Region existiert sogar überhaupt kein Clubbetrieb mit
regelmäßigen Öffnungszeiten.
Vereinfachung der behördlichen Auflagen für Veranstaltungen:
- Einführung eines "One-Stop-Shop" Prinzips für
Veranstaltungsgenehmigungen
- Dahin miteingehen eine Digitalisierung und Vereinheitlichung des
Antragsverfahren
- Flexiblere Handhabung von Lärmschutzauflagen bei temporären
Veranstaltungen
- Bereitstellung von öffentlichen Flächen für Pop-up Events und Open-Air
Veranstaltungen
- Flexible Nutzung von Leerständen für temporäre Kulturprojekte
- Abschaffung der starren Sperrstundenregelung (siehe hierzu die
Beschlusslage: Land der OÖffnung)
- Einführung eines "Agent of Change" Prinzips zum Schutz bestehender Clubs
vor Beschwerden durch neue Anrainer in allen Städten in OÖ
In Oberösterreich gibt es die JugendTaxi-Initiative, die jungen Menschen
ermöglicht, nachts sicher und vergünstigt mit dem Taxi nach Hause zu fahren
– insbesondere nach dem Fortgehen. Dies ist besonders wichtig, da
Oberösterreich ein Flächenbundesland ist und sich viele Jugendliche auf dem
Heimweg unsicher fühlen, reguläre Taxi-Tarife oft aber nur schwer leistbar
sind. Daher fordern wir eine verstärkte Bewerbung sowie das landesweite
Ausrollen dieser Initiative.
Immer weniger Jugendliche nutzen Kulturangebote im klassischen Sinne – wie
etwa Museumsbesuche, klassische Konzerte, Theater-, Opern- oder
Ballettaufführungen. Laut einer aktuellen Erhebung interessieren sich rund zwei
Drittel der 18- bis 29-Jährigen wenig bis gar nicht für solche Formate [5].
Viele geben zudem an, dass sie sich von den Angeboten nicht angesprochen fühlen
(43 %) oder sich dort fehl am Platz fühlen (39 %) [5].
Um künftige Besucher:innen zu gewinnen und den kulturellen Bildungsstand
Jugendlicher zu fördern, setzen wir uns dafür ein, dass Kulturangebote durch
preislich attraktive Angebote und niedrigere Zugangshürden attraktiver zu
gestalten – auch in Bezug auf institutionelle Barrieren wie etwa
Kleidungsnormen oder bestimmte Erwartungen an den Habitus.
Darüber hinaus halten wir es für wichtig, dass Jugendliche frühzeitig und
regelmäßig im z.B. Rahmen des Schulunterrichts mit kulturellen Angeboten in
Kontakt kommen. Denn: Acht von zehn Jugendlichen finden klassische Kultur
grundsätzlich wichtig – doch nur ein Bruchteil nimmt tatsächlich daran teil.
Öffentliche Kulturförderung sollte deshalb gezielt auch daran geknüpft
werden, wie gut Jugendliche erreicht werden. Angebote, die sich speziell an
junge Menschen richten und auch gesellschaftliche oder politische Diskurse,
welche relevant für die Jugend sind, aufgreifen können hier Brücken bauen.
„Linz ist keine Studierendenstadt“ – dieser Satz fällt immer wieder. Doch
woran liegt das? Zum einen fehlt eine gewachsene "studentische" Tradition: Die
größte Hochschule, die Johannes Kepler Universität, ist vergleichsweise jung.
Das Image der Stadt als Studienort muss deshalb aktiv gestärkt und
weiterentwickelt werden. Zum anderen sind die Hochschulen räumlich stark
verstreut: Die JKU liegt am Stadtrand, die Anton Bruckner Privatuniversität am
Pöstlingberg, die Kunstuniversität in der Innenstadt, die FH OÖ im
Krankenhausviertel/Industriegebiet – und die neu gegründete IT:U verfügt
bislang über keinen fixen Standort.
Hinzu kommt eine mangelnde Vernetzung dieser Standorte durch den öffentlichen
Verkehr, der oft langsam und unattraktiv ist. Viele Studierende pendeln in Linz
auch mit dem Auto, wodurch sich keine zentralen Studierenden-Viertel entwickeln
konnten, in denen sich eine lebendige Studierenden- und Jugendkultur entfalten
kann.
Daher fordern wir eine bessere und kürzere Vernetzung der Stadtteile durch
gezielte Maßnahmen im öffentlichen Verkehr – insbesondere auch in den Abend-
und Nachtstunden. Ergänzend braucht es alternative Mobilitätslösungen wie
sichere Fahrrad-Highways, um Studierenden eine flexible und nachhaltige
Fortbewegung zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen lebendige Freizeit- und
Ausgehviertel entstehen, die Raum für studentisches Leben und Austausch bieten.
Flankierend sind gezielte Standortkampagnen notwendig, um Linz als aufstrebende
internationale Studierendenstadt sichtbar zu machen.
Die Voraussetzungen dafür sind bereits vorhanden: Mit einer wachsenden Zahl
internationaler Studiengänge – etwa im Bereich Künstliche Intelligenz –
sowie einer zunehmend internationalen Studierendenschaft hat Linz großes
Potenzial. Um diese Dynamik zu fördern und langfristig zu stärken, fordern wir
– in Übereinstimmung mit der Beschlusslage 7 voör 12 – gezielte
Investitionen in Bildung, Wissenschaft, Hochschulen und digitale Initiativen, um
wettbewerbsfähig zu bleiben aber auch ein attraktiver Studienort zu sein und
Wissenschaftler:innen und Studierende aus aller Welt anzuziehen und einen
zukunftsorientierten Wirtschaftsstandort zu etablieren.
[1] https://www.oe3jugendstudie.at/ergebnisse.php (Abgerufen am 9. Juni 2025)
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/679756/umfrage/umfrage-zu-
freizeitaktivitaeten-von-jugendlichen-in-oberoesterreich/ (Abgerufen am 9. Juni
2025)
[3] https://www.sportaustria.at/de/interessenvertretung-und-
sportpolitik/taegliche-bewegungseinheit-sport-und-schule/die-bedeutung-von-
bewegung-fuer-kinder-und-jugendliche (Abgerufen am 9. Juni 2025)
[4] https://bildung.schule.at/fileadmin/DAM/Innovation/Forschung/Dateien/Jugend-
Medien-Studie_2023-Jugendliche_01.pdf (Abgerufen am 9. Juni 2025)
[5] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-
meldungen/2023/mai/enormer-rueckhalt-fuer-kulturangebote-in-deutschland
https://musikschulwelt.de/musizieren/kulturpolitik/9814-klassik-in-der-defensive
https://blog.kulturvereinigung.com/klassik-rockt/fuer-klassik-begeistern/
(Abgerufem am 9. Juni 2025)
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