Status: | Beschluss |
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Beschlossen am: | 23.07.2021 |
Basierend auf: | A11: Ein liberales Update für die Berufsschulen |
Ein liberales Update für die Berufsschulen
Beschlusstext
Die Duale Ausbildung im Rahmen der Berufsschulen ist in kaum einem Land so stark
ausgebaut wie in Österreich. Wir sehen in ihr ein großes Potenzial, bildet sie
doch Fachkräfte aus, die für unser wirtschaftliches Leben von hoher Bedeutung
sind.
Allzu Oft wird diese an sich sehr qualitative Ausbildung jedoch nur als die
“schlechte Alternative” zur Oberstufe gesehen. Das muss ein Ende haben. Es
braucht hier eine stärkere allgemeine Basis, eine höhere pädagogische
Qualität, mehr Freiheit innerhalb der Lehre und eine Lehre, die wirklich auf
die derzeitige wirtschaftliche Realität vorbereitet - und nicht auf eine
erträumte Vergangenheit.
Mündigkeit: Einführung von Maturaklassen in Berufsschulen
Berufsschüler_innen haben es, genauso wie alle anderen Schüler_innen,
verdient, dass sie in der Schule auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden.
Dafür braucht es jedoch nicht nur eine gute wirtschaftliche Ausbildung, sondern
auch eine verstärkte Allgemeinbildung. Nur so können Berufsschüler_innen am
Diskurs teilhaben, und sich politisch beteiligen und ein mündiges, also
letztlich freies Leben führen. Um diese Allgemeinbildung effizient zu stärken,
muss die Lehre mit Matura verstärkt angeboten werden.
Derzeit ist die Matura in der Berufsschule oft kein Thema. Wenn man die
allgemeinbildende Komponente der Berufsschulen aufwerten will, muss man hier
ansetzten: Es soll an jeder Berufsschule eine Maturaklasse angeboten werden, in
der man direkt auf die Matura vorbereitet wird.
Das ermöglicht mehr Freiheit für die Maturant_innen, sind sie doch mit
bestandener Matura nicht so abhängig von ihrem erlernten Beruf. Zugleich kann
hier eine Entstigmatisierung der Berufsschulen gelingen. Die Berufsschule wird
zu einem von mehreren Wegen hin zur Matura.
→ Wir fordern, dass an allen Berufsschulen Maturaklassen angeboten werden, in
denen man direkt auf eine berufsbegleitende Matura vorbereitet wird.
Wichtig ist es hier festzuhalten, dass die Teilnahme an einer Maturaklasse nicht
verpflichtend ist: Sie bildet nur einen möglichen Weg durch die Berufsschule.
Chancengerechtigkeit: Höhere Standards für den Unterricht in der Berufsschule
Der Unterricht an Berufsschulen muss, wie der an jeder anderen Schule,
pädagogischen Standards entsprechen. Sowohl die Ausbildung der Lehrkräfte, als
auch echte Transparenz in der Benotung, sind hier von großer Bedeutung.
Pädagogische Ausbildung für alle Lehrkräfte
Derzeit unterrichten in den Berufsschulen sehr viele Quereinsteiger_innen. Das
ist an und für sich auch eine große Stärke der Berufsschulen, bringen diese
Quereinsteiger_innen doch echte fachliche Erfahrung mit. Es ist aber von großer
Bedeutung, dass Lehrkräfte neben dieser fachlichen Erfahrung über
pädagogische Kompetenz verfügen. Hier muss ein Mittelweg gefunden werden.
Am besten kann dies durch eine kurze Ausbildung und regelmäßige Fortbildungen
der neuen Quereinsteiger_innen gewährleistet werden. Hierbei soll vor allem auf
didaktische Grundsätze geachtet werden. Selbst wenn dies die Hemmschwelle für
Quereinsteiger_innen womöglich erhöht, ist eine grundlegende pädagogische
Ausbildung unumgänglich, um grundlegende Qualität zu gewährleisten.
→ Wir fordern also, dass jede Lehrkraft, die in einer Berufsschule
unterrichtet, eine fundamentale didaktische und pädagogische Ausbildung
erfahren hat.
Klare Standards für die Notenvergabe
Es braucht auch bei der Benotung höhere Standards an den Berufsschulen. Allzu
Oft sind die vergebenen Noten kaum nachvollziehbar, geschweige denn einsehbar.
Noten können, davon sind wir überzeugt, nur gerecht sein, wenn im Vorraus ein
klarer, transparenter Notenschlüssel vorgegeben wird.
Anhand dieses Notenschlüssels sollten die Schüler_innen jederzeit ihre eigene
Note erfahren können. Auch Frühwarnungen in Berufsschulen werden dadurch
möglich. Auf einer Online-Plattform, oder im Sekretariat, sollte die eigene
Note in Echtzeit einsehbar sein.
→ Wir fordern also transparente Notenschlüssel in allen Fächern der
Berufsschulen.
Freiheit: Modularisierung der Berufsschulen
Es braucht mehr Freiheit in der Berufsschule. Während der durch die Betriebe
fixierten Turni sollten die Schüler_innen selbst entscheiden können, welches
Modul sie besuchen wollen. Das schafft mehr Freiheit und mehr Flexibilität.
Eine solche Modularisierung ermöglicht auch jedem seinen eigenen Rhythmus zu
finden. Wenn ein Modul besonders schwer fällt, kann man sich stattdessen auf
ein anderes Modul fokussieren.
→ Wir fordern also, dass die Curricula der Berufsschulen in Modulen
aufgestückelt werden. Diese können unabhängig voneinander absolviert werden.
Schon erledigte Module sollten auch in anderen Berufsausbildungen anerkannt
werden. Damit schafft man auch mehr Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen
Ausbildungen. Es müssen auch nicht alle Module auf der selben Schule absolviert
werden.
→ Wir fordern also, dass man bereits erlernte Module in eine andere Ausbildung
“mitnehmen” kann.
Berufsschule der Moderne und nicht der Vergangenheit
Damit Berufsschulen ihrem Anspruch gerecht werden, müssen sie auf die
Arbeitswelt vorbereiten - und zwar auf die heutige. Hier ist es wichtig, dass
die Praxisstunden ausgebaut werden, und der Bezug zu Unternehmen verstärkt
hergestellt wird. Die Lehre muss auch, um der zunehmenden Internationalisierung
der Arbeitswelt nicht hinterherzuhinken, deutlich mehr Möglichkeiten zur
Sammlung von Auslandserfahrung bieten.
Mehr Bezug zu Unternehmen
Allzu Oft werden Unternehmen von den Berufsschulen ferngehalten. Es ist aber
nunmal von großer Bedeutung, dass Schüler_innen auch während ihrer Turni in
Kontakt mit den Unternehmen der Branche zu kommen.
Um dies zu ermöglichen sollen gezielt Berufsmessen an Berufsschulen organisiert
werden. Dadurch werden den Schüler_innen im besten Fall auch mehr Chancen
fernab von ihren Lehrbetrieben geboten.
→ Wir fordern also, dass Berufsschulen Unternehmen gezielt zu Berufsmessen
einladen.
Mehr Praxisstunden
Eine Berufsschule sollte kein Ort für ausnahmslosen Frontalunterricht sein. Nur
wenn stark auf Praxis gesetzt wird, kann eine echte Berufsausbildung gelingen.
Die heutigen Berufsschulen werden diesem Anspruch leider nicht wirklich gerecht.
Gerade die Turnis sollten für vertiefte Praxismöglichkeiten verwendet werden.
Es sollten einzelne Stunden gezielt für Praxis verwendet werden. Hierbei
können die Schüler_innen unter Aufsicht von Lehrpersonen mit Instrumenten und
theoretisch erlernten Techniken experimentieren.
→ Wir fordern also in Berufsschulen mit handwerklichem Fokus, deutlich mehr
Praxisstunden und einen kontrollierten Rahmen in dem Schüler_innen die
Praxisräume außerhalb des Unterrichts zur Übung verwenden können.
IFA und andere Modelle für Auslandserfahrung stärken
Die heutige Arbeitswelt endet nicht an österreichs Grenzen. Um den
Schüler_innen echte Perspektiven zu bieten, muss es mehr Möglichkeiten für
Auslandserfahrung geben.
Vor allem der Auslandsaustausch sollte bei spezialisierten Ausbildungen forciert
werden. Modelle wie der Internationale Fachkräfteaustausch können wertvolle
Erfahrungen mit sich bringen. Sie gehören ausgebaut und stärker gefördert.
→ Wir fordern also einen Ausbau der Möglichkeiten um Auslandserfahrung zu
sammeln.